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Nanotechnologie als Fortschrittsmotor 05-06-04

Der Punkt auf diesem 'i' könnte über eine Million Nanopartikel enthalten, so klein sind sie. Doch schon bald könnten sie Großes leisten – oder große Schäden anrichten. AllianzGroup.com News sprach darüber mit dem Experten Christoph Lauterwasser vom Allianz Zentrum für Technik.

Allianz Group, Ismaning bei München, 3. Juni 2005

AllianzGroup.com News: Warum befasst sich die Allianz jetzt mit dem Thema 'Nanotechnologie'?

Lauterwasser: Die hohen Investitionen in die Forschung zeigen, dass Nanotechnologie in den nächsten Jahren mutmaßlich zum erheblichen Wirtschaftsfaktor wird. Diesen Chancen stehen aber Risiken gegenüber, die wir noch nicht genau kennen.

Unsere Aufgabe als Versicherer muss sein, diese Risiken greifbar zu machen, damit wir sie versichern können. Außerdem wollen wir unsere Kunden, die in diesem Sektor aktiv sind, beim Risikomanagement kompetent unterstützen.

Wie hohe Umsätze erwarten Sie in den nächsten Jahren?

Lauterwasser: Zur Zeit verwenden die Hersteller für weniger als ein Prozent aller Produkte Nanotechnologie. In nur acht Jahren werden es nach Schätzung von Experten 14 Prozent sein. 2014 werden Nanotech-Aktivitäten weltweit Umsätze von 2,6 Billionen Dollar erzielen – das ist mehr als die Computer- und Telekommunikations-Industrie zusammen und zehnmal so viel wie die Biotechnologie.

In welchen Bereichen wird die Technologie vor allem zum Einsatz kommen?

Lauterwasser: Das geht von der Medizin mit Wirksubstanzen, die an der richtigen Stelle im Körper freigesetzt werden, über fleckenabweisende, nichtknitternde Stoffe bis zu elektronischen Teilen wie Computerchips, Mikrobatterien oder Solarzellen.

Auch die Nahrungsmittel-Industrie experimentiert mit Nanoprodukten, von Düngern über Zusätze zu Lebensmitteln bis zur Verpackung. Beispielsweise könnten spezielle Verpackungen die Lebensmittel im Supermarkt nicht nur länger frisch halten, sondern sich zusätzlich verfärben und damit warnen, wenn etwas verdirbt.

Solche Produkte erwarten wir aber erst ab 2010, denn Nanotechnologie ist teuer und forschungsintensiv. Vorher rechnen wir zunächst mit ausgewählten Anwendungen in den Bereichen Automobil und Luftfahrt und dann verstärkt auch in Elektronik und IT.

Wie sehen die Risiken denn aus, die damit verbunden sind?

Lauterwasser: Die große Unbekannte sind die gesundheitlichen und Umwelt-Risiken durch freie Nanopartikel. Die meisten Nanopartikel sind allerdings fest im Produkt verankert und können dadurch relativ wenig anrichten.

Problematisch könnten freie Partikel sein, die beispielsweise bei der Produktion oder im Lebenszyklus des Produkts entstehen. Diese könnten möglicherweise inhaliert oder über die Haut aufgenommen werden und dann Schaden anrichten.

Wie können Sie als Versicherer helfen, die damit verbunden Risiken zu begrenzen?

Lauterwasser: Über die Unterstützung unsere Kunden hinaus halten wir es für sinnvoll, gemeinsam mit allen Beteiligten aus Industrie, Forschung und Behörden ein Schema zur Risikobewertung zu erarbeiten. Ein Beispiel könnte es sein, den Lebenszyklus eines Produkts genau zu analysieren, von der Herstellung über seine Verwendung bis zur Entsorgung. In diesem Dialog sehen wir uns eher als Risikoexperten und nicht als 'Lobby'.

Was sollte die Politik unternehmen?

Lauterwasser: Bisher gibt es zu dem Thema keine konkreten Bestimmungen, auch die EU-Chemiedirektive REACH geht nicht darauf ein. Auch die Frage der Kennzeichnung ist noch offen.

Wir halten es für notwendig, dass sich die Regierungen in internationaler Zusammenarbeit des Themas annehmen. Deshalb haben wir hier auch mit der OECD kooperiert.

Wie sieht Ihr 'Best Case Scenario' für die Nanotechnologie aus?

Lauterwasser: Im Idealfall können die neuen Technologien ein Motor des wirtschaftlichen und technologischen Fortschritts sein und helfen, Menschen auf der ganzen Welt besser mit Energie und Trinkwasser sowie medizinisch zu versorgen.

Intensive Forschung, deren Ergebnisse veröffentlicht werden, müsste dafür sorgen, dass problematische Produkte gar nicht erst auf den Markt kommen. Die sonstigen Risiken müssten aktiv überwacht und versichert werden, wozu auch internationale Standards beitragen könnten. Ein offener Dialog mit Medien und Öffentlichkeit trägt dazu bei, dass keine Feindbilder oder irrationalen Ängste aufgebaut werden.

Können Sie sich auch vorstellen, dass die mit Nanotech verbunden Risiken eines Tages so unberechenbar werden, dass Sie sie nicht mehr versichern können?

Lauterwasser: Selbst im schlimmsten Fall würden wir das höchstens für einzelne Bereiche der Technologie erwarten. Denn wenn die Industrie-Unternehmen – mit unserer Unterstützung – ihre Risiken aktiv managen, dann werden sie selbst die richtigen Entscheidungen treffen, welche Technologien sinnvoll zum Einsatz kommen können.

Wir als Versicherer bleiben auf jeden Fall Risikopartner der verantwortungsvoll agierenden Industrie. Entscheidend ist nur, wie wir diese Partnerschaft am besten gestalten können.



Martin Bendrich
Allianz Versicherungs-AG
Fon: +49.89.3800-7466
Quelle: www.pressrelations.de  
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